Ein Orden für umfassende Verdienste

Dem langjährigen geschäftsführenden Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Münster Sharon Fehr wurde am 23. März das Bundesverdienstkreuz am Bande für seine vielfältigen Verdienste in den vergangenen knapp dreißig Jahren für die jüdische Gemeinde in Münster, die jüdische Gemeinschaft in Deutschland und das jüdisch-christliche Miteinander im Land verliehen.

Seit 1994 ist Sharon Fehr der Vorsitzende der westfälischen Gemeinde und setzte sich beim Zuzug der so genannten Kontingentflüchtlinge unermüdlich für ihre Inklusion in die Gemeinde ein, schuf Deutsch- und Freizeitangebote für sie, unterstützte beim Umgang mit den Behörden, führte sie ans synagogale Miteinander heran und half bei der Jugendarbeit. Weit darüber hinaus half er ihnen mit seinem ehrenamtlichen Engagement, wie auch den anderen Gemeindemitgliedern, wo und wie er nur konnte.

Sharon Fehr setzt sich bis heute für die Förderung des Gemeindelebens ein und hat dabei gerade auch die Absicherung der Zukunft im Blick. In seiner Öffentlichkeitsarbeit hilft er seit Jahren dabei, die Erinnerung an die Shoah wachzuhalten, ein Bewusstsein in Münster über das jahrhundertealte jüdische Leben der Stadt zu schaffen, zwischen den verschiedenen Religionen und Kulturen zu vermitteln und die jüdische Gemeinde zu einer festen Größe der Stadtgesellschaft zu machen. So ausgleichend Sharon Fehr zwischen den verschiedenen Gruppen und Interessen in der Gemeinde in den vergangenen Jahrzehnten vermittelt hat, so kritisch und entschieden wendet er sich in der Öffentlichkeit unermüdlich gegen Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Verschwörungstheorien. Sein erfolgreicher Einsatz gegen ein Erstarken der AfD in Münster und seine öffentliche Kritik an Corona-Leugnern haben ihn immer wieder zur Zielscheibe antisemitischer Anfeindungen gemacht, was Sharon Fehr indes nicht von seinem Engagement für die Zivilgesellschaft abhalten ließ.

Viele Gemeindemitglieder werden berichten können, wie Sharon Fehr ihnen in den vergangenen Jahren bei persönlichen Problemen unkompliziert und warmherzig geholfen hat. Der Autor dieser Zeilen kann gleich mehrere dieser Geschichten erzählen. Sharon Fehr gab mir meine erste Stelle als jüdischen Religionslehrer und brachte mir sehr viel Vertrauen entgegen, was Projekte und G’’ttesdienste angeht, was wiederum dazu führte, dass sich die Anzahl der Schülerinnen und Schüler fast verdoppelte.

Er unterstützte mich zusammen mit der gesamten Gemeinde während einer Krebserkrankung und er, Vorstand und Gemeindevertretung sowie der Landesverband von Westfalen-Lippe fördern mich als Rabbineranwärter, damit die Gemeinde bald einen eigenen Gemeinderabbiner erhalten kann und auch auf diese Weise die Weichen für die Zukunft gestellt werden. Das Bundesverdienstkreuz würdigt nicht zuletzt die Weitsicht und Menschlichkeit von Sharon Fehr. Der Text zur Ordensverleihung war sehr elaboriert, man hätte ihn auch verkürzen können: „Sharon is a mentsch.“

Levi Israel Ufferfilge, Rabbineranwärter
Foto: Andreas Löchte, Münster