Nachruf für Gemeinde-Gabbai Roman Abramov

Schweren Herzens nimmt die Jüdische Gemeinde Dortmund Abschied von ihrem hochgeschätzten, verehrten und langjährigen Gabbai, Roman Abramov.

Reuven ben Israel Abramov, unser Gemeinde-Gabbai, war für uns, die Gemeinde Dortmund, wie ein kleiner Tempel in Jerusalem: seine Güte, seine Hilfsbereitschaft und seine Hingabe zum Allmächtigen, zur Thora und zum Volk Israel schufen eine einzigartige Atmosphäre der Einheit und Freude um ihn herum, die unsere Synagoge erfüllte und die Juden in Dortmund in Freude und Hingabe für den Dienst am Höchsten vereinte!

1933 in Usbekistan geboren, absolvierte Roman Abramov das Medizinstudium in Tadschikistan, arbeitete Jahrzehnte lang als Urologe und war später in Russland auch als Abteilungsleiter der Kindertraumatologie tätig. Mit ihm begann eine generationsübergreifende Ärztefamilie: Seine Ehefrau Maria, seine Söhne Vadim und Vitalij sowie sein ältester Enkelsohn Ivan sind ebenfalls Ärzte geworden.

1991 kam Roman Abramov mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen nach Dortmund und wurde von Anfang zu einem aktiven und hochgeschätzten Mitglied der Dortmunder Gemeinde. Mit ganzer Kraft und Hingabe setzte er sich für die Stärkung des Judentums in unserer Gemeinde ein. Sein Denken und sein Handeln waren von dem Wunsch geleitet, den zugewanderten Gemeindemitgliedern, die durch die Sozialisation in der ehemaligen Sowjetunion oft keinen Bezug zu ihrem jüdischen Glauben hatten, in ihrer jüdischen Bildung zu unterstützen und sie in ihrer Spiritualität zu stärken.

Ab dem Jahre 2006 übernahm Herr Abramov eine religiöse Führungsrolle und wurde zum Gabbai, dem Leiter unseres Minjans, ernannt, ein Amt von höchster Verantwortung, der den Rabbiner und den Kantor beim Ablauf des G“ttesdienstes in der Synagoge unterstützt. In dieser Eigenschaft sorgte er dafür, dass die G“ttesdienste in unserer Gemeinde stets durchgeführt werden konnten. Er nahm diese Aufgabe mit seiner charakteristischen Verantwortung und Hingabe wahr: zu jeder Tageszeit, ob frühmorgens oder fast Mitternacht, egal, ob es regnete, stürmte oder schneite, kam Roman Abramov zum G“ttesdienst und achtete sorgfältig darauf, dass stets mindestens die notwendigen 10 Minjan-Männer zur Stelle waren.

Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass er sich viele Jahre – von 2012 bis 2021 – auch gemeindepolitisch engagierte und in den Gemeinderat gewählt wurde. Auch hier engagierte er sich vor allem in der Kultuskommission. Eines seiner zahlreichen initiierten Projekte war beispielsweise die Gründung der Jüdischen Bibliothek, die ausschließlich Bücher mit religiösen jüdischen Themen enthält und von der unsere Mitglieder immer regen Gebrauch gemacht haben.

Und es war Roman Abramov, der den israelischen Feiertag zur Befreiung Jerusalems – Jom Jeruschalaim – in unserer Gemeinde erstmals initiiert und organisiert hat. Inzwischen ist der Jom Jeruschalaim in der Dortmunder Gemeinde zu einer festen Tradition geworden!

Roman Abramov war nicht nur ein hingebungsvoller Gabbai, sondern in erster Linie ein liebevoller Ehemann, stolzer Vater und fürsorglicher Opa von zehn Enkelkindern, die ihn sehr liebten. Die Liebe seiner Familie gab ihm die nötige Kraft und Zuversicht, um die vielen Mitzwot zum Wohlgefallen G“ttes erfüllen zu können.

Roman Abramov wird uns als hilfsbereiter, höflicher und bescheidener Mensch in Erinnerung bleiben, der unbeirrt seine Ziele verfolgte, wenn er sie für wichtig hielt. Mit Roman Abramov haben wir einen engagierten Mitstreiter für das Wohl der Jüdischen Gemeinde verloren.

Wir werden ihn schmerzlich vermissen und uns immer an den großen Beitrag von Reuven ben Israel zur Entwicklung des jüdischen Lebens in unserer Gemeinde erinnern.

Der Vorstand, die Geschäftsführung und das Rabbinat der Jüdischen Kultusgemeinde Dortmund sprechen den Angehörigen und Freunden des Verstorbenen ihr tief empfundenes Beileid aus.

ברוך דיין האמת (Baruch Dayan HаEmet) – Gelobt sei der wahre Richter

Seine Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens! (.ת. נ. צ. ב. ה)

Amen

Roman Israelevich Abramov, an den wir uns mit der Publikation seines letzten Gedichtes erinnern möchten, das er einen Monat vor seinem Ableben verfasste, war viele Jahre lang nicht einfach nur ein strahlendes Symbol unserer Gemeinde, nicht nur ein Gabbai und guter Arzt. Er war auch ein guter großzügiger Mensch und eine feine kreative Person. Leider verstarb Roman Abramov nur eine Woche vor seinem 90. Geburtstag.

Glückseligkeit

Glückselig bin ich, morgens aufzustehen,
dem Allm-chtigen dankend dem Tag entgegenzusehen.

Dafür, meine Lieben wieder zu sehen,
die Bekannten, Vertrauten, die gesund sind und im Leben stehen.

Dafür, die Synagoge wieder zu betreten,
wo wir im Minjan zum Allm-chtigen beten.

Für die Gesundheit der Alten, Kranken, möge G-tt sie heilen,
für Frieden und Ruhe in den sündigen Seelen der Gemeinen.

Dafür, dass der kommende Tag bringt mir Freude,
dass nicht umsonst mein Brot ich esse heute.

Dafür, dass ich jemandem will helfen,
und lasse die überflüssigen Zweifel verwelken.

Dafür, dass ich mit Gutem alles kann vergelten
und mutig die Freunde schützen vor des Übels Welten.

Eine solche Kraft habe ich in mir nicht gekannt,
die selbst in meinen Träumen ich niemals fand.

Glückselig bin ich, morgens aufzustehen,
dem Allm-chtigen dankend dem Tag entgegenzusehen.

Roman Israelevich (Reuven ben Israel) Abramov
Juni 2023
(Übersetzung aus dem Russischen von Laura Stankjawitschjute)

Die Redaktion der Zeitschrift J.E.W. möchte seiner Familie und seinen Lieben ihr zutiefst empfundenes und aufrichtiges Beileid aussprechen.