Interreligiöser Dialog

Angesichts der blutigen Geschehnisse im Nahen Osten bemühen sich Menschen in Deutschland und vor allem Politiker wie auch Geistliche eine friedliche Atmosphäre zumindest hierzulande zu schaffen, obschon es tatsächlich gar nicht einfach ist. Gemüter erhitzen sich, Situationen eskalieren und unzählige Redner gebärden sich als Wahrheitsfinder.

v.l.n.r.: Durmus Aksoy, Islamische Religionsgemeinschaft DITIB, Nathanael Liminski, Chef der Staatskanzlei und Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden, trafen sich in Bochum

v.l.n.r.: Durmus Aksoy, Islamische Religionsgemeinschaft DITIB; Nathanael Liminski, Chef der Staatskanzlei und Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden, trafen sich in Bochum

Dass es auch anders geht, das zeigen zwei Ereignisse Ende Oktober: in Köln und in Bochum. Zwei wichtige Treffen sind zustande gekommen, in ungewöhnlichem Rahmen, mit solchen Akteuren, die trotz grundsätzlich sehr konträrer religiöser Einstellungen zusammengefunden haben, um jeweils ein Zeichen zugunsten der Menschlichkeit zu setzen.

Zunächst haben vier muslimische Vereinigungen den Weg in die Kölner Synagoge gefunden. Vier Vorsitzende vertraten den Zentralrat der Muslime, die Islamische Religionsgemeinschaft Ditib, den Verband der Islamischen Kulturzentren und die Islamische Religionsgemeinschaft NRW.

Beim Treffen in der Synagoge kam es zum Informationsaustausch über die aktuelle Kriegslage in Israel und Gaza wie auch über das gewaltsame Echo auf deutschen Straßen. Die Gäste haben einstimmig das grausame Massaker an wehrlosen, unschuldigen israelischen Kindern, Frauen, Männern verurteilt, sich von der Hamas deutlich distanziert und zeitgleich aufgefordert die mehr als 240 Geiseln sofort freizulassen.

Auch zu den antisemitischen Ausschreitungen in unserem Land haben sich die Oberen der muslimischen Organisationen eindeutig positioniert: Es darf nicht sein, dass der Krieg hier draußen ausgelebt wird, dass auf pro-palästinensischen Demos judenfeindliche Parolen skandiert werden, dass Hakenkreuze und gelbe Sterne auf Hauswände gekritzelt werden. Und: Es darf keinesfalls sein, dass die jüdische Bevölkerung weltweit bedroht wird.

Das Treffen mit angeregtem Austausch empfanden beide Seiten zumindest als hilfreich. Im Gegenzug haben die muslimischen Teilnehmer eine Einladung für die jüdischen Gastgeber ausgesprochen. Für diese Begegnung wurde eine Bochumer Moschee vorgeschlagen, wo der begonnene freundschaftliche Dialog fortgesetzt wurde und auch diese Zusammenkunft verlief überaus produktiv.

Zwanzig Gäste haben ein ernstes Gespräch auf Augenhöhe mit den Gastgebern geführt. Herzlich und vertraut war die Konversation – lautet die übereinstimmende Meinung von beiden Seiten. Die Vorsitzende der Union Progressiver Juden (UPJ), Irith Michelsohn, gibt ein sehr positives Feedback und freut sich darüber, dass allen Befürchtungen zum Trotz doch eine richtig gute Sache daraus geworden ist: „Wir alle wollen, dass unsere Kinder angstfrei leben können, unabhängig davon, ob sie in eine Moschee oder in eine Synagoge gehen.“ Ihre Auffassung teilt auch der Vizepräsident des Zentralrats der Juden Abraham Lehrer, der sich besorgt über das Gemeindeleben zeigt, weil Kinder seltener in die Synagoge gehen und deren Eltern Angst um sie haben.

Die Gesprächspartner wollen den Dialog nicht abreißen lassen. Vielmehr sind sie davon überzeugt, dass solche Treffen, auch künftig unter Beteiligung christlicher Vertreter einen sehr hohen Stellenwert haben und ein friedliches Miteinander fördern sollten.

Irina Bürstinghaus im Auftrag J.E.W.-Redaktion
Foto: Land NRW

Vertreter von vier muslimischen Verbänden hören in der Kölner Synagoge Abraham Lehrer (r.), Vorstand der Gemeinde, zu

Vertreter von vier muslimischen Verbänden hören in der Kölner Synagoge Abraham Lehrer (r.), Vorstand der Gemeinde, zu