Braucht die Gemeinde kugelsichere Fenster?

Dr. Sebastian Sanders (l.), Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Dr. Mark Gutkin sprachen über das Leben der jüdischen Bürgerinnen und Bürger in Recklinghausen. Foto: Pressestelle RE
Am 30. November 2023 besuchte die erste Antisemitismusbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen Sabine Leutheusser-Schnarrenberger die Gemeinde im Kreis Recklinghausen. Sie hatte bereits mehrere jüdische Gemeinden im Land besucht. In einem Gespräch mit dem Vorsitzenden der Gemeinde, Dr. Gutkin, zeigte sich Frau Leutheusser-Schnarrenberger besorgt über den starken Anstieg des Antisemitismus nach dem blutigen Massaker vom 7. Oktober. Sie interessierte sich für die jüngsten antisemitischen Vorfälle in unserem Bezirk. Ferner wies sie auf den Diebstahl der israelischen Flagge am Rathaus hin. Anerkennend bewertete die Politikerin auch die Nachbarschaft und die enge Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde und der Polizeibehörde sowie die stetige Polizeipräsenz in unmittelbarer Gemeindenähe.
Als positiv bezeichnete Dr. Gutkin die aktive Teilnahme von Vertretern der breiten Öffentlichkeit an der Kundgebung gegen Antisemitismus in der Stadt sowie an der Veranstaltung zum Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht.
Er betonte jedoch, dass sich Juden sowohl auf den Straßen der Stadt als auch im Gemeindehaus nicht sicher fühlen können. Und vor dem Hintergrund verstärkter Sicherheitsmaßnahmen durch Stadt- und Kreispolizei scheint es erwägenswert, ob nicht die Gemeinde zusätzlichen Schutz durch kugelsichere Fenster und einen hohen Zaun um das Gebäude benötigen würde. „Die Notwendigkeit solcher Maßnahmen auf deutschem Boden mehr als 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist ein schlechtes Zeichen“, sagte Dr. Gutkin.
Frau Leutheusser-Schnarrenberger verwies auf die entschlossene Haltung der Bundes- und Landesregierung, kompromisslos gegen jegliche Erscheinungsformen von Antisemitismus vorzugehen. „Recklinghausen hat eine gute Bilanz im Kampf gegen Antisemitismus und wird noch mehr in dieser Richtung tun“, erklärte sie. „Aber leider hört der Antisemitismus nicht auf.“
Irina Barsukova, Jüdische Gemeinde Kreis Recklinghausen