
Ein Blick in die Vergangenheit
Am Jom HaShoah gedenken wir der sechs Millionen ermordeten Juden, darunter auch ehemalige Mitglieder der jüdischen Gemeinde Dortmund. In diesem Jahr richten wir unseren Blick besonders auf die Familie Meyer.
Julius Meyer lebte mit seiner Frau Erna und ihren beiden Söhnen Fred Gustav und Werner in Dortmund, nur um die Ecke von der heutigen Synagoge entfernt, am Heiligen Weg, wo er eine Kurzwaren-Großhandlung betrieb. Die Familie führte ein glückliches Leben und besaß sogar eine Kamera, was zu jener Zeit eher ungewöhnlich war.
Die Politik der Nationalsozialisten führte dazu, dass die jüdischen Geschäfte zunächst boykottiert und später „arisiert“ wurden, also zwangsweise von nicht-jüdischen Personen oder Unternehmen übernommen wurden. Schließlich waren Juden gezwungen, ihre Geschäfte unter sehr ungünstigen Bedingungen aufzugeben. So musste auch Julius Meyer sein Geschäft 1938 schließen.
Aber davor hat die Familie mit ihrer Kamera wertvolle Aufnahmen ihres Alltagslebens gemacht. Diese einzigartigen Zeitdokumente zeigen unter anderem Julius Meyer im Garten, fröhlich und unbeschwert. Es sind auch viele Aufnahmen von der Stadt, der Hohensyburg und dem Rombergpark erhalten geblieben. Zudem sind sie die letzten erhaltenen Filmaufnahmen der kurz darauf abgerissenen Dortmunder Synagoge. Doch die Tragik des Films liegt darin, dass fast alle zu sehenden Personen später deportiert und ermordet wurden.
Durch glückliche Umstände überdauerten einige Filmsequenzen von 1938 und gelangten über einen der letzten Kindertransporte nach Großbritannien und später in die USA. Denn die Kinder wurden vorsichtshalber 1939 nach England geschickt und nahmen die Aufnahmen mit. Julius und Erna Meyer selbst blieben in Dortmund, wurden deportiert und im Konzentrationslager in Zamość ermordet.

Im August 2023 wurden auf Initiative der Vorsitzenden des Vereins Kunst und Kultur im Kaiserviertel e.V., Heike Wulf, Stolpersteine für Julius, Erna, Fred Gustav und Werner Meyer auf dem Heiligen Weg 21 verlegt, genau an der Stelle, wo die Familie einst lebte.
Rabbinat Dortmund
Foto: Katja Reichman
Vorstellung des Filmes am Jom HaShoa
Am Montag, den 6. Mai 2024 um 18:00 Uhr in der Jüdischen Gemeinde Dortmund wird Frau Wulf uns diese glücklicherweise erhaltenen Filmaufnahmen präsentieren.

Heike Wulf, Vorsitzende des Vereins Kunst und Kultur im Kaiserviertel e.V.