Am Platz der Alten Synagoge – Dortmund gedenkt
Zum 86. Jahrestag der Pogromnacht von 1938 gedachte die Stadt Dortmund im Foyer des Opernhauses am Platz der Alten Synagoge der Gräueltaten des Nationalsozialismus und des Leids des jüdischen Volkes.
Die jährliche Gedenkveranstaltung zum 9. November vereinte musikalische Beiträge und eindringliche Ansprachen, um ein starkes Zeichen gegen das Vergessen und für gesellschaftlichen Zusammenhalt zu setzen.
Oberbürgermeister Thomas Westphal betonte in seiner Rede die Bedeutung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie als untrennbare Grundlagen einer wehrhaften Gesellschaft und erinnerte daran, dass Gedenken keine bloße Pflicht sein darf, sondern ein aktives Engagement im Alltag erfordert. Westphal hob hervor, wie wichtig der Zusammenhalt in Dortmund ist, und lobte das interreligiöse Engagement gegen Hass und Gewalt. Er schloss mit einem Appell, sich aktiv mit gesellschaftlichen Herausforderungen auseinanderzusetzen: „Dem Rückzug darf kein Platz eingeräumt werden.“

Zwi Rappoport, Vorsitzender des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe und Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Dortmund, verdeutlichte am Beispiel des ehemaligen Dortmunder Juden Max Rosenfeld, dass antisemitische Gewalt in Deutschland bereits 1933 mit der Machtergreifung der Nazis begann und sich allmählich zu systematischer Verfolgung steigerte. Er erinnerte an das Versagen der Gesellschaft, den Juden Schutz zu bieten, und thematisierte die heutige zunehmende Bedrohung für Juden. Der Tenor seiner Rede war: Nie wieder Opfer nach Auschwitz. Israel ist auch deshalb gegründet worden. Am 7. Oktober konnte das Land dieses Versprechen nicht einhalten. Er fügte auch hinzu: „Hoffen wir, dass es dem Staat Israel gelingt, das Vertrauen in die Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger wiederherzustellen.“

Zwi Rappoport,
Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe, Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde Groß-Dortmund

Thomas Westphal,
Oberbürgermeister der Stadt Dortmund

Gil Yaron,
israelischer Arzt, Journalist und Autor mehrerer Bücher
Einen bleibenden Eindruck hinterließ Gil Yaron, israelischer Arzt, Journalist und Autor mehrerer Bücher. Yaron, der als Nahostkorrespondent für zahlreiche deutschsprachige Medien tätig war und derzeit das Büro des Landes NRW in Israel leitet, bot eine Analyse und sprach eine eindringliche Warnung zur Lage des jüdischen Volkes, des Staates Israel und der Bedrohung durch Antisemitismus weltweit aus. Seine Rede zeichnete sich durch fundierte Analysen und tiefgehende Einblicke in die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen im Nahen Osten aus.
Gil Yaron betonte, dass die Gründung Israels auf dem historischen Bedürfnis basiert, Juden weltweit Schutz zu bieten, was im Angesicht der Shoah deutlich wurde: „Das ist eines der Grundversprechen, welches Israel seinen Einwohnern und Jüdinnen und Juden in aller Welt seit seiner Gründung gemacht hat.“ Der Angriff vom 7. Oktober 2023 zeigte auf brutale Weise, wie zerbrechlich dieser Schutz ist, und verdeutlicht die Bedrohung durch Iran und verbündete Gruppen wie Hamas und Hisbollah. „Aus dem Schattenboxen zwischen Iran und Israel ist inzwischen ein offener Krieg geworden“, der Israel zwingt, an mehreren Fronten zu kämpfen. Diese Bedrohungen zielen nicht nur auf das Land, sondern stellen auch eine existenzielle Gefahr für die jüdische Identität und Sicherheit dar.
Zugleich kritisierte Gil Yaron die wachsende Akzeptanz von Antisemitismus weltweit, besonders in Europa, und warnte, dass diese Haltung die Grundwerte der demokratischen Gesellschaft untergräbt. „86 Jahre nach der Reichspogromnacht besteht Antisemitismus also nicht nur fort, er wächst und gedeiht weltweit.“ Mit einem Aufruf zur Solidarität mit Israel betonte er eindringlich: „Der Hass auf Jüdinnen und Juden bedroht nicht nur die jüdische Gemeinschaft, er bedroht unsere Gesellschaft als Ganzes“ und verdeutlichte, dass Antisemitismus nicht nur ein Problem für Juden ist, sondern eine Bedrohung für die demokratische Gesellschaft und deren Werte insgesamt.
Im Anschluss folgte die traditionelle Kranzniederlegung auf dem Platz der Alten Synagoge.
Hana Kopelewitsch, Rabbinat Dortmund
Foto: Stadt Dortmund / Stephan Schütze