Abraham Lehrer auf Einladungder Deutsch-Israelischen Gesellschaft zu Gastin der Jüdischen Gemeinde Münster
Ein bewegender Vortrag über Antisemitismus, den Nahost-Konflikt und die Herausforderungen jüdischen Lebens in Deutschland
Abraham Lehrer, Vorsitzender der Synagogen-Gemeinde Köln und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, hielt gestern Abend auf Einladung unserer Freunde der Deutsch-Israelischen Gesellschaft einen eindrucksvollen Vortrag in unserer Gemeinde.

v.l.n.r.: Hanna Stöckmann, Mitglied der Gemeindevertretung;
Sharon Fehr, Ehrenvorsitzender der Jüdischen Gemeinde Münster;
Abraham Lehrer, Abraham Lehrer, Vorsitzender der Synagogen-Gemeinde Köln und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland;
Regine Förster, 1. Vorstandsvorsitzende der DIG;
Ilja Golub, 2. Stellvertretender Vorsitzende;
Hadassah Geburek, Vorstandsmitglied der CJZ
In einer Zeit, die von internationalen Konflikten, gesellschaftlichen Herausforderungen und besorgniserregenden Entwicklungen geprägt ist, betonte Abraham Lehrer, wie wichtig es sei, den Zusammenhalt unter Gleichgesinnten zu stärken und gemeinsam neue Perspektiven zu entwickeln.
Israels Verteidigungskrieg gegen die islamistischen Terrororganisationen Hamas im Gazastreifen und Hisbollah im Libanon wirke sich nicht nur auf die politische Lage im Nahen Osten aus, sondern betreffe auch unmittelbar das Sicherheitsgefühl jüdischer Gemeinschaften weltweit.
Abraham Lehrer untermauerte seine Ausführungen mit besorgniserregenden Zahlen: Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) verzeichnete für das Jahr 2023 insgesamt 4.782 antisemitische Vorfälle – ein Anstieg von über 80 % im Vergleich zum Vorjahr. Doch diese Statistik könne nicht das individuelle Leid der Betroffenen erfassen, so Lehrer. Was bedeutet es für Menschen, die allein aufgrund ihrer hebräischen Sprache auf offener Straße angegriffen werden? Wie sicher fühlen sich jüdische Studierende angesichts der aktuellen Entwicklungen an Schulen und Hochschulen? Und was geht in Shoa-Überlebenden und ihren Nachkommen vor, wenn selbst an Gedenkorten antisemitische Vorfälle geschehen?
Lehrer betonte die Dringlichkeit, dass der deutsche Staat seinem Schutzversprechen gerecht werden und jüdisches Leben vor Terror und Gewalt wirksam schützen müsse. Gleichzeitig rief er dazu auf, als Gemeinschaft zusammenzustehen, Solidarität zu zeigen und dem wachsenden Antisemitismus entschieden entgegenzutreten.

Abraham Lehrer, Vorsitzender der Synagogen-Gemeinde Köln
und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland
„Entgegen aller Beteuerungen sehen wir, dass Antisemitismus hier einen Platz hat“, sagte er. „Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, diesen Platz jedoch so klein wie möglich zu halten.“
Ein weiteres Thema seines Vortrags war die AfD, deren zum Teil rechtsextreme Strömungen systematisch daran arbeite, das Vertrauen in demokratische Institutionen zu untergraben. Das Abstimmungsverhalten im Deutschen Bundestag Ende Januar sei nur das jüngste Beispiel für ihren destruktiven Charakter. Mit perfiden Taktiken versuche die AfD, Zwietracht zwischen den demokratischen Parteien zu säen.
Die eindringlichen Worte von Abraham Lehrer über den besorgniserregenden Anstieg des Antisemitismus – hierzulande und weltweit – haben uns alle tief bewegt. Besonders seine fundierten Einschätzungen zur zunehmenden gesellschaftlichen und politischen Duldung antisemitischer Narrative, zur oft zögerlichen Abgrenzung politischer Entscheidungsträger sowie zur gefährlichen Instrumentalisierung des Antizionismus als Deckmantel für Judenfeindlichkeit gaben wichtige Denkanstöße. Seine Ausführungen verdeutlichten eindrucksvoll, wie dringend eine entschlossene Haltung gegen jede Form von Antisemitismus erforderlich ist.
Ebenso aufrüttelnd war Lehrers Analyse der weitreichenden Folgen des Gaza- und Libanonkrieges, die nicht nur Israel, sondern auch das jüdische Leben in der Diaspora massiv beeinflussen. Besonders seine Einschätzungen zur Bedrohung durch den Iran, zur Unterstützung terroristischer Gruppen wie der Huthi-Miliz im Jemen und zum wachsenden Einfluss dieser Kräfte auf europäische Gesellschaften unterstrichen die Dringlichkeit, mit der wir als jüdische Gemeinschaft – aber auch als Gesellschaft insgesamt – diesen Gefahren entschlossen entgegentreten müssen.
Dies wird nur gelingen, wenn wir gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadtgesellschaft, mit der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, den Kirchen sowie den demokratischen Parteien noch entschiedener dafür eintreten, dass Antisemitismus keinen weiteren Raum gewinnt und sich nicht weiter ausbreitet.
Im Anschluss an den Vortrag hatten wir als Jüdische Gemeinde die Freude, Abraham Lehrer, seine Personenschützer sowie den Vorstand der Deutsch-Israelischen Gesellschaft im Nebenraum des unterteilten Shalom-Gemeindesaals zu einem gemeinsamen Abendessen einzuladen.

Während des gemeinsamen Abendessens

Sharon Fehr, Ehrenvorsitzender der Jüdischen Gemeinde Münster,
und Abraham Lehrer, Vorsitzender der Synagogen-Gemeinde Köln
und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland
Besonders danken möchten wir Abraham Lehrer dafür, dass er trotz der späten Stunde noch bei uns geblieben ist – obwohl ihn eine lange Heimreise nach Köln erwartete.
Ein besonderer Dank gilt auch Nina und dem gesamten Küchenteam, das uns mit großer Hingabe ein köstliches, dreigängiges Menü servierte – ganz im Stil der israelischen Küche. Die Vielfalt der Aromen, die liebevolle Zubereitung und das farblich harmonische Zusammenspiel der Gerichte machten diesen Abend nicht nur kulinarisch, sondern auch atmosphärisch zu einem besonderen Erlebnis.
Der Besuch von Abraham Lehrer und sein Engagement bedeuten uns viel. Wir würden uns sehr freuen, ihn bald wieder in unserer Jüdischen Gemeinde Münster willkommen heißen zu dürfen.
Sharon Fehr, Ehrenvorsitzender und Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Münster
Foto: Archiv JGMS (S.F.)