Israel – Syrien – ein Grenz-Konflikt

Nach dem Fall des Regimes von Baschar al-Assad in Syrien hat die israelische Armee die Regionen an der Grenze betreten und somit die Pufferzone eingenommen, einschließlich der Positionen auf dem Berg Hermon und den östlichen Ländereien namens Horan. Wobei ich an dieser Stelle die Geschichte erzählen möchte, die an diesem Ort vor etwa 140 Jahren geschah, bevor man davon spricht, dass Israel einen Teil des syrischen Territoriums eingenommen hat.

Ende des 19. Jahrhunderts wurden in Europa und den USA jüdische Verbände und zionistische Organisationen gegründet, die danach strebten, einzelne Gebiete des Heiligen Landes zu erwerben. Zu jener Zeit hat das Osmanische Imperium schon das Stadium des Zerfalls erreicht und Grundstücke auf dem verlassenen und menschenleeren Land Israel kosteten nicht viel. Ein Grundstück östlich der Golanhöhen war damals im Grunde ein Teil des Territoriums Israels und hieß „h-Horan“ (החורן), dieser Bereich lag nördlich des Flusses Jarmuk (ירמוך). Damals hatte niemand auch nur eine Ahnung von solchen Nationalstaaten wie Syrien und Libanon, zu dem Zeitpunkt existierten sie einfach nicht, es war ein Territorium unter der Schirmherrschaft des Osmanischen Imperiums.

Die Grundstücke im Gebiet des Horan, im Norden von Eretz Israel waren besonders günstig zu kaufen, und viele jüdische Investoren interessierten sich für diese Territorien, denn sie konnten mehr Dunam für die Spenden kaufen, die Mitglieder jüdischer Verbände und Organisationen dargebracht hatten.

Der Ingenieur namens Seidner (זיידנר), der ein Vertreter des zionistischen Verbandes aus Ekaterinoslav im Russischen Reich (heute Dnipro, Ukraine) war, kaufte für seinen Verband 100.000 Dunam (100.000 Dunam sind 100 km²) in Horan und zog selbst nach Jaffo (יפו). Weil die hier herrschenden türkisch-osmanischen Mächte auf verschiedenste Weise die Immigration von Juden in das Land behinderten, hatte der Verband keinen Bezug zu dem so weitreichenden Territorium. 1891 kam ein amerikanischer Jurist namens Adam Rosenberg (אדם רוזנברג) nach Jaffo, das Oberhaupt des Verbandes „Hovevei Zion“ (חובבי ציון) in New York, der auch den Verband „Shavei Zion“ (שבי ציון) begründet hatte, dessen Ziel es war, in Eretz Israel Fuß zu fassen. Die Idee bestand darin, dass jedes Mitglied der „Shavei Zion“ 200 Dollar einbringen musste – geteilt in einen Dollar pro Woche oder 40 Dollar im Jahr. Neben New York eröffnete „Shavei Zion“ in jener Zeit auch zusätzliche Filialen in Chicago und Montreal. Bevor er nach Israel kam, fuhr Rosenberg über London, wo er von günstigen Grundstücken in Horan hörte. Danach ging er nach Paris, wo er die Beamten des Barons Edmond de Rothschild traf und sie nach ihrer Meinung zu den Böden von Horan fragte. Sie sprachen ihre Zustimmung aus und empfahlen diese Ländereien hinter dem Jordan.

Die Karte zeigt in grün das von Baron Rothschild erworbene Grundstück von ca. 100.000 Dunam

Die Karte zeigt in grün das von Baron Rothschild erworbene Grundstück von ca. 100.000 Dunam

Als die Käufer darum baten, die Gebiete im türkischen Grundbesitz-Verzeichnis (טאבו) zu registrieren, kam ein Problem auf: Die Mächte des Osmanischen Imperiums weigerten sich, die Gebiete auf den Namen der neuen Verbände zu registrieren. In ihrer Verzweiflung wandten sich die Käufer im Dezember 1891 an Baron de Rothschild, der seinen Einfluss auf die türkischen Mächte geltend machen konnte. Rothschild schickte seinen wichtigsten Beamten Elijahu Scheid (אליהו שייד) in das Schloss des Sultans in Kushte (Istanbul) zu Verhandlungen. Vertreter aller jüdischer Verbände vertrauten ihre Grundstücke Baron Rothschild an, damit er sein Recht in Verhandlungen geltend machen konnte. Er setzte das „Komitee des Landes Israel“ (ועד ארץ ישראלי) für die Entscheidung der Fragen von Horan ein.

Als die Käufer darum baten, die Gebiete im türkischen Grundbesitz-Verzeichnis (טאבו) zu registrieren, kam ein Problem auf: Die Mächte des Osmanischen Imperiums weigerten sich, die Gebiete auf den Namen der neuen Verbände zu registrieren. In ihrer Verzweiflung wandten sich die Käufer im Dezember 1891 an Baron de Rothschild, der seinen Einfluss auf die türkischen Mächte geltend machen konnte. Rothschild schickte seinen wichtigsten Beamten Elijahu Scheid (אליהו שייד) in das Schloss des Sultans in Kushte (Istanbul) zu Verhandlungen. Vertreter aller jüdischer Verbände vertrauten ihre Grundstücke Baron Rothschild an, damit er sein Recht in Verhandlungen geltend machen konnte. Er setzte das „Komitee des Landes Israel“ (ועד ארץ ישראלי) für die Entscheidung der Fragen von Horan ein.

Nach etwa einem Jahr der Verhandlungen stimmten die türkischen Mächte zu, Kushanim (קושאנים) (das sind so genannte „mulkiser“ (מוּלְכְּ) Urkunden über den Besitz von Böden, d.h. einen vollständigen Besitz) auf den Territorien zu registrieren, wonach die freudige Nachricht mit großer Begeisterung in Israel aufgenommen wurde.

קושאנים (קוּשָׁן) –Kushan, eine Urkunde, die das Eigentum an einem Grundstück bestätigt. (Quelle)

מוּלְכּ – Ein Begriff und eine Definition für eine Art von Landbesitz in Eretz Israel am Ende der osmanischen Zeit und während des britischen Mandats. (Quelle) 

Danach aber wurde der Text klar, der am Ende des Dokuments mit kleiner Schrift aufgeschrieben war: Die Osmanen haben in das Dokument über den Besitz einen Punkt hinzugefügt, der „Immigranten von außerhalb des Landes“ verbot, diese Territorien zu besiedeln.

Die Enttäuschung der Mitglieder jüdischer Verbände in Israel und in aller Welt war riesig und viele Investoren forderten ihr Geld zurück. Im Jahr 1892 kaufte Baron Rothschild die Rechte an den Ländereien von allen Kleinanlegern auf, die das Geld zurückerhielten und wurde zum einzigen Besitzer eines Gebiets, das etwa 100.000 Dunam groß war, dass bis zum heutigen Tag auf dem Gebiet Syriens liegt (d.h. bis der Zahal im Dezember 2024 dieses Territorium betreten hat). Noch hat man es nicht geschafft, genau zu bestimmen, wo sich in Horan noch Gebiete in jüdischem Besitz befinden. Wobei man dazu noch weitere 6.000 Dunam hinzufügen muss, die auf den Golanhöhen gekauft worden waren, an zwei Punkten, die auf der Karte markiert sind.

Im Jahr 1894, als die Beamten des Barons Rothschild ein vollumfängliches Recht des Besitzes an den gekauften Ländereien festgestellt und sie registriert hatten, erhoben sie wieder die Frage über die Besiedlung und das Bestellen der Böden durch Juden. Diesmal stimmten die türkischen Mächte zu, jährlich einige Hundert Juden hineinzulassen. Die jüdischen Verbände in der Welt wurden wieder aktiv, kehrten zurück und kauften dem Baron etwa 20.000 Dunam ab. Der Baron gab sich alle Mühe, er schickte Vermessungsingenieure nach Horan, trug den Ort auf der Karte ein und bereitete ihn für die jüdische Immigration vor.

Gleich nachdem Juden 1895 nach Horan kamen, um hier anzusiedeln, pflanzten sie dort 17.000 Setzlinge von Maulbeergewächsen an sowie 8.000 Setzlinge von Weinreben, die sie aus Rosh-Pina mitgebracht hatten Sie können sicherlich erahnen, welcher Mühen es bedarf, so eine Menge von Setzlingen anzupflanzen? Der Enthusiasmus war enorm.

 

 

In der Folge wurde ebenfalls der Anwalt Adam Rosenberg zum eifrigen Unterstützer dieser Region und siedelte später selbst dort an. Die erste Ansiedlung mit dem Namen „Tiferet Binjamin“ (תפארת בנימין) wurde gegründet, danach folgten andere Ansiedlungen entsprechend der beiliegenden Karte.

Original Kushanim (Kaufverträge) für die Ländereien des Baron Rothschild in Choran.
Quelle

Zu jener Zeit haben die Araber aus den nahegelegenen armen Dörfern begonnen, jüdische Siedlungen anzugreifen, sie stahlen mehr als einmal den Besitz der Juden und beklagten sich sogar bei den türkischen Machthabern, dass die Juden in den neuen Siedlungen Waffen verstecken.

Im Juli 1896 kam ein Erlass aus Istanbul über die Deportation aller jüdischer Siedler. Die Leute des Barons gingen nach Kusht (Istanbul) und erreichten den Widerruf des Erlasses. Tatsächlich wurde entschieden, die Siedler nicht wegzuschicken, wobei es ihnen verboten wurde, ihre Anzahl zu erhöhen. Dabei wurde klar, dass das Projekt der Besiedlung von Horan zum Stillstand gekommen ist, und viele haben angefangen, die Region zu verlassen. „Tiferet Binjamin“ wurde aufgegeben, wobei Adam Rosenberg verstand, dass das Projekt seines ganzen Lebens gescheitert ist, sich jedoch weigerte, diese Region zu verlassen. Der Prozess des Verfalls setzte sich bis 1901 fort, als die letzten der Siedler wegfuhren und später zu Gründern der Siedlung Javnal (מושבה יבנאל) im Südosten von Untergaliläa wurden. Die Siedlung Javnal wurde am 7. Oktober 1901 gegründet.

Der Jurist und Inspirator des Projekts Adam Rosenberg beschloss auch, diese Region zu verlassen, und kehrte in die USA zurück, wo ihn viele beschuldigten, wegen seiner Idee die Siedlung in Horan zu bauen habe man Mittel verloren, die für die Besiedlung von Eretz Israel gesammelt worden waren. In der Folge erkrankte er an einem chronischen Fieber und starb.

Währenddessen, nach dem Ersten Weltkrieg, zogen sich die Osmanen zurück und die Region wurde durch die Briten und Franzosen verwaltet. Der größte Teil von Golan und Horan befand sich im Völkerbundsmandat für Palästina. Das britische Mandat wurde im Jahr 1922 begründet. Großbritannien hat aus völlig unverständlichen Gründen, die bis heute unklar sind, dieses Territorium dem französischen Mandat übergeben, entsprechend der französisch-britischen Einigung vom 7. März 1923. Die Golanhöhen und Horan, die immer ein Teil von Eretz Israel waren, wurden plötzlich Teil des französischen Mandats und nach 1944 zum Teil Syriens.

Doch die Böden wurden nicht aufgegeben. Die Leute des Barons und die ihm gehörende Vereinigung PICA, die damals gegründet wurde, bewachten die ihnen gehörenden Ländereien, zahlten zuverlässig die Steuern an die Regierung des französischen Mandats, das in dieser Region gegründet wurde, beschützten die Ländereien vor Räubern und bearbeiteten sie zum Teil mit Hilfe der ortsansässigen Araber, die Pacht bezahlten. So war es all die Jahre des französischen Mandats über.

Im Jahr 1942, vor der Gründung eines unabhängigen syrischen Staates, strebte die Vereinigung PICA danach, die Bewahrung der Rechte und die Anmeldung des Vermögens im neuen Staat sicherzustellen, was man dann auch tat. Die Vereinigung PICA wurde als vollwertiger Besitzer (מולכ) in Syrien registriert und zertifiziert. Im syrischen Boden-Kataster gibt es eine vollständige Dokumentation über die Registrierung von Rechten, außerdem ist dort verzeichnet, dass PICA bis in dieses Jahr die vollständige Grundsteuer bezahlte. Im Jahr 1943 gab es im nationalistischen Syrien Elemente, die das Besitzrecht bestritten und den Gerichten Syriens verschiedene Eingaben machten, die abgelehnt wurden. Das Recht des Besitzes wurde registriert.

Allerdings enteignete die neue syrische Regierung im Zeitraum von 1944 bis 1948 die Böden der PICA in Horan und Golan ohne Entschädigung und ohne Erlaubnis. Hier gab es keine Kriegshandlungen, sondern es war ein Raub am jüdischen Besitz, denn die benachbarten arabischen Staaten raubten den Besitz von Hunderttausenden von Juden. Man konfiszierte 100.000 Dunam in Horan und weitere 6.000 Dunam in den Golanhöhen. Ja, zu Beginn des Jahrhunderts erwarb der Baron auch Grundstücke, die von jüdischen Vereinigungen auf den Golanhöhen selbst gekauft worden waren, in zwei Regionen, die auf der Karte markiert sind, neben der Kolonie Bnej-Jehuda und der Siedlung (קדמת צבי) Kedmat Zwi (und noch weitere 22.000 Dunam in Jordanien sowie in Judäa und Samaria).

Im Jahr 1957 beendete die Vereinigung PICA freiwillig ihre Aktivität, wobei sie den größten Teil der Besitzrechte an den Böden Horans und Golans an das Nationalfonds Israels übergab. 1982 übergab die aufgelöste Vereinigung PICA die übrigen Ländereien an das Boden-Fonds und somit an die israelische Regierung, die mehr als 100.000 Dunam in Horan und den Golanhöhen besitzt. Die Kushanim (קושאנים) befinden sich in verschiedenen Büros bekannter Juristen, in den Staatsarchiven Israels und müssen vereinheitlichend gesammelt werden.

Mit dem Beginn der diplomatischen Verhandlungen zwischen dem Premierminister Jitzchak Rabin und der syrischen Regierung in den 1990er Jahren wandte sich der israelische Nationalfonds an Rabin, wobei er ihn darauf aufmerksam machte, dass Israel ein Territorium in Syrien besitzt, der den gesamten Golanhöhen entspricht. Dies bestätigte später Shlomo Garbez (שלמה גרבץ), welcher der Vorsitzende des israelischen Nationalfonds war, doch Rabin hat nichts mit diesen Informationen angefangen und brachte diese Frage überhaupt nicht auf. Nach der Suche in den Archiven des Jüdischen Nationalfonds (קרן קיימ לישראל) und den zionistischen Archiven fand man die Originaldokumente über das Besitzrecht an Böden, welche bei der israelischen Regierung aufbewahrt werden. Die Akten gibt es. Entsprechende Eingaben an die anderen Premierminister Israels haben ebenso kein Ergebnis gebracht.

Am wahrscheinlichsten ist es, dass die israelischen Führer während der vergangenen Verhandlungen keinen Präzedenzfall schaffen wollten und deswegen ihr völliges Besitzrecht am Süden Syriens ignoriert haben. Doch jetzt, nach dem Zerfall Syriens als Staat, nachdem das ehemalige Land von verschiedenen paramilitärischen sowie terroristischen Gruppierungen beherrscht wird und Israel die Pflicht hat, seine Bürger und Grenzen zu schützen, war Israel gezwungen, die Pufferzone zu betreten. Dabei muss man auch verstehen, dass in Bezug auf den Besitz der abwesenden Kriegsgesetze diese Maßnahmen angewendet werden.

Auf dieser interaktiven Karte kann man die aktuellen Entwicklungen in der von der israelischen Armee besetzten Sicherheitszone am Berg Hermon verfolgen. Das sind die höchsten Berge in diesem Gebiet, von denen aus man nicht nur das Geschehen in Südsyrien, sondern auch den Südosten des Libanon kontrollieren kann, was für die Sicherheit von Kirjat Schmona notwendig ist.
https://syria.liveuamap.com/

 

Seinerzeit haben sich die Ägypter nicht geschämt, die Karten aus dem Ersten Weltkrieg hervorzuholen und ihre Rechte an Taba (nahe der israelischen Grenze) geltend zu machen, welche sie schlussendlich auch bekamen. Und hier hat Israel unbestreitbare Beweise über den Kauf von Ländereien. Die Regierung muss die Besiedlung und Entwicklung dieser Region des Landes beginnen, unter anderem auch als Zeichen des Respekts gegenüber den Bewohnern des vergessenen Horans.

In jedem Fall ist es sinnvoll, alle Dokumente über das Besitzrecht in Syrien zu erheben, alle Aspekte mit den besten Historikern, Archivaren und Juristen durchzuarbeiten und ein Klage-Dossier vorzubereiten, auf gesetzlicher Grundlage mit der Beteiligung der besten Geographen, Kartographen, israelischer und internationaler Experten, damit Israel im Fall der Wiederaufnahme der Verhandlungen vorbereitet an sie herantreten kann, was das Besitzrecht Israels im Süden Syriens betrifft.

Das Material wurde aus zahlreichen historischen Aufzeichnungen und Archivmaterialien zusammengestellt.

Ramiel Tkachenko,
Chefredakteur des Magazins J.E.W. – Jüdisches Echo Westfalen

Liste der verwendeten Quellen:

1. שמואל דיין, עם אבות ההתיישבות, הוצאת מסדה, 1968

2. קיר הברזל של מנחם בגין והשפעתו על בטחונה של מדינת ישראל: פרק ב – חוק רמת הגולן 1981

3. האמת שהושתקה עד היום: רמת הגולן תמורת החורן והבעלות של ישראל“ , גיא בכור

4. אברהם קוסטיצקי, בטרם האיר הבוקר. מסיפורי ראשונים בגליל. תל אביב: משרד הביטחון – ההוצאה לאור. 1988

5. ואיציק צרפתי, ‏סוריה ורמת הגלון: עת לאסטרטגיה לאומית , צבי האוזר

6. R. Fishbach, Jewish property claims against Arab countries, Columbia University Press(2008), pg. 161

7. Alexander Nepomnyashchy, Der Golan und die Juden. Jüdisches Panorama (März 2020)

8. פעמים תשמ“ג   1982, ‏החלוץ‘ בסוריה וההתיישבות בחורן 1928–1936‚   צבי אילן

9. מונחים והגדרות לסוגי בעלות על קרקע בארץ ישראל בשלהי התקופה העות’מאנית ובימי המנדט הבריטי