Zwi Rappoport,
Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe K.d.o.R.

Liebe Gemeindemitglieder,
liebe Leser,
ich schreibe diese Zeilen, während ich mich in Israel befinde. Gemeinsam mit Rabbiner Avigdor Nosikov und dem Ehrenvorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Dortmund, Wolfgang Polak, sind wir hier als Delegation.
Die Gemeinde Dortmund hat mit Hilfe der Gemeinde Münster 100.000 € an Spenden für einen Krankenwagen gesammelt. Die feierliche Übergabe des Krankenwagens an Magen David Adom fand in der heiligen Stadt Zefat statt.
Am nächsten Tag sind wir in den vom Massaker besonders betroffenen Kibbuz Kfar Aza gefahren. Hier übergab Wolfgang Polak einen Scheck über 20.000 € an Spenden, die er anlässlich der Feier seines 90. Geburtstages gesammelt hatte.
In der nächsten Ausgabe der J.E.W. werden wir über unsere Reise ausführlich berichten.
Hier in Israel wird mir die Bedeutung des jüdischen Staates für uns alle besonders deutlich.
Dies gilt umso mehr, als bei den Bundestagswahlen rechtsextreme und linksextreme Parteien große Stimmengewinne verbuchen konnten. Das hat für viele von uns die ohnehin bestehende Verunsicherung über die Zukunft des europäischen Judentums noch einmal verstärkt.
Noch ermöglichen die demokratischen Parteien gesichertes jüdisches Leben. Aber wenn der Kampf gegen Antisemitismus nicht erfolgreich geführt wird, werden wir womöglich Israels offene Tore als jüdische Heimstätte und Zufluchtsort brauchen.
Hier ist das ganze Land zu einem Gedenkort für die Ermordeten und Entführten geworden. Ganz besonders in den von dem Hamas-Massaker betroffenen Regionen, wie beispielsweise Kafa Aza, Nir Oz und auf dem Nova-Festival-Gelände, ist das Entsetzen über die Geschehnisse nach wie vor greifbar. Zudem fühlen sich die Überlebenden der überfallenen Dörfer alleingelassen, auch, weil offensichtlich die Priorität der Befreiung der Geiseln durch die Wiederaufnahme der Kriegshandlungen fallengelassen wurde. Es herrscht eine tiefe Uneinigkeit über das weitere Vorgehen. Dies spaltet die israelische Gesellschaft trotz aller Solidarität, die nach dem 7. Oktober zu spüren war.
Während ich diesen Text formuliere, ertönen die Alarmsirenen im ganzen Land:
Ballistische Raketen aus dem Jemen, zur Mittagszeit von den Huthis abgefeuert, greifen Israel an, gerade als die Schulkinder nach Hause gehen.
Ich unterbreche meinen Text und kauere mich im Hausflur des Hotels nieder, bis Entwarnung gegeben wird. Dank der israelischen Verteidigungsarmee IDF geht das geschäftige Leben in Tel Aviv nach einer Weile weiter …
Schalom