Jüdisches Leben in Münster
Neue WebApp mit digitalen Rundgängen ist da!
NRW-Schulministerin Dorothee Feller ist die Schirmherrin des Vereins zu Förderung des Jüdischen Friedhofs an der Einsteinstraße Münster. Im Herbst 2018 kam sie, damals noch Regierungspräsidentin in Münster, auf den Vorstand zu mit der Idee: „Wie wäre es, wenn der Verein sich beim Heimatministerium um Fördermittel bewirbt? Vielleicht lässt sich mit dem Thema ‚Jüdische Heimat‘ ein spannendes Projekt entwickeln?“


Die WebApp kann abgerufen werden unter: https://app.juedischer-friedhof-muenster.de
Heute, im Herbst 2023, ist aus der Idee Wirklichkeit geworden: Entstanden ist, gefördert durch das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung NRW, die WebApp „Jüdisches Leben in Münster“. Auf acht verschiedenen Rundgängen mit unterschiedlichen Stationen kann man jüdische Geschichte und Gegenwart in der Stadt Münster erkunden. Das geht vor Ort mit dem Handy, wobei man von Station zu Station geführt wird, oder auch zuhause am Computer oder Tablet. Der „große Rundgang“ steuert sieben Stationen in der Innenstadt an. Von den Anfängen jüdischen Lebens im Mittelalter am Syndikatplatz hinter dem Rathaus spannt sich der Bogen bis zur heutigen Synagoge an der Klosterstraße. Ein anderer Rundgang mit vier Stationen hat das Thema „Heimat – Heimat?“. Erzählt wird von zwei Familien, die sich voll und ganz in Münster beheimatet hatten, deren Leben aber in der NS-Zeit zerstört wurde. Erzählt wird aber auch von den Neuanfängen nach der Shoah und der Entwicklung der Gemeinde bis heute. Zur NS-Zeit gibt es einen eigenen Rundgang, ebenso wie auch zur jüdischen Gemeinde im Mittelalter, die in der Zeit der Pestpogrome vernichtet wurde. Weitere Themen sind „Judentum und Christentum“ und „Christlicher Antijudaismus“. Auf dem Rundgang „Jüdische Identität“ begegnet man dem Mediziner, Reformpädagogen und Kunstsammler Alexander Haindorf und seinem Zeitgenossen, dem Oberrabbiner Abraham Sutro. Sie stehen für die Auseinandersetzungen zwischen reformorientiertem und orthodoxem Judentum, wie sie Mitte des 19. Jahrhunderts geführt wurden und bis heute aktuell sind. Zu Alexander Haindorf gibt es einen eigenen Rundgang, der bis zum Gebäude der Marks-Haindorf-Stiftung führt.
In den meisten Stationen findet man kleine Videos: man hört eine Sprecherin, sieht Fotos oder Filme. Dazu kommen aber auch einige Extras. Ein Schauspieler ist in die Rolle von Alexander Haindorf geschlüpft; an der Station zum mittelalterlichen jüdischen Friedhof beziehen Schülerinnen und Schüler Position gegen Antisemitismus. An der Station Clemenskirche kann die Chanukka-Zeremonie der sechsten Kerze in einem Video miterlebt werden. Und schließlich die VR- und AR-Highlights: An der Station Synagoge Klosterstraße lässt sich ein 3D-Modell der Synagoge von 1880 laden, die in der Reichspogromnacht 1938 zerstört wurde. Ein 360°-Rundgang führt in die heutige Synagoge, und man kann an vielen Punkten Informationen über die Ausstattung des Gebetsraumes und über jüdischen Gottesdienst abrufen. Auch der Jüdische Friedhof Einsteinstraße kann jetzt virtuell mit einem 360°-Rundgang besucht werden. Jedes Grab ist mit der Dokumentation verlinkt, die schon seit 2015 den Friedhof digital zugänglich machte: Fotos der Grabsteine, Transkription und Übersetzung der Inschriften sowie ausführliche biographische Angaben zu den Bestatteten.
Am 12.11.2023 wurde die WebApp in einem Festakt der Öffentlichkeit übergeben. Schulministerin Feller dankte dem Verein und zeigte sich zuversichtlich, dass diese WebApp mit dazu beiträgt, dem Antisemitismus unserer Zeit entgegenzuwirken.
Bericht von Hadassah Geburek, Ludger Hiepel und Marie-Theres Wacker
Abbildungen: © Verein zur Förderung des Jüdischen Friedhofs an der Einsteinstr. e.V.

360°-Rundgang Synagoge Klosterstraße.
Modell der Münsteraner Synagoge von 1880
Der Verein zur Förderung des Jüdischen Friedhofs an der Einsteinstr. Münster e.V., der die WebApp entwickelt hat, stellt sich vor unter: www.juedischer-friedhof-muenster.de/der-verein