Nach dem Angriff auf Israel – Podiumsgespräch in Dortmund

„Nach dem Angriff auf Israel – solidarisch gegen Antisemitismus in Dortmund“ – unter diesem Titel hatte das Netzwerk zur Bekämpfung von Antisemitismus in Dortmund am 5. Dezember 2023 ein Podiumsgespräch im BORUSSEUM, dem Museum von Borussia Dortmund, veranstaltet. Dort sprachen Vertreter*innen der Jüdischen Gemeinde Dortmund sowie des Netzwerks über die Situation nach dem Terror gegen Israel.

Podiumsgäste v.l.n.r.: Micha Neumann, Diana Broner, Jörg Rensmann, Adrian Ben-Shlomo, Markus Günnewig

Podiumsgäste v.l.n.r.: Micha Neumann, Diana Broner, Jörg Rensmann, Adrian Ben-Shlomo, Markus Günnewig

Das „Netzwerk zur Bekämpfung von Antisemitismus in Dortmund“ ist ein Zusammenschluss von rund 20 zivilgesellschaftlichen Organisationen und städtischen Institutionen, welches gemeinsam Strategien gegen Antisemitismus in der Stadt entwickelt. Koordiniert wird das Netzwerk von ADIRA, der Antidiskriminierungsberatungsstelle der Jüdischen Gemeinde Dortmund. Bereits zwei Tage nach dem Angriff der Hamas hatte das Netzwerk eine Kundgebung zur Solidarität mit Israel und gegen Antisemitismus in der Dortmunder Innenstadt organisiert.

Nun wollte das Netzwerk – rund zwei Monate nach dem schrecklichen Terror – mit dem Podiumsgespräch auf die Lage in Dortmund blicken. Neben einer Bestandsaufnahme sollte es darum gehen, wie Jüdinnen und Juden in Dortmund in dieser Situation der Bedrohung unterstützt werden können und wie ein Engagement gegen Antisemitismus in der Stadtgesellschaft aussehen kann.

Um dies zu besprechen, saßen Adrian Ben-Shlomo aus der Repräsentanz und Diana Broner aus dem Vorstand der Jüdischen Gemeinde Dortmund, Jörg Rensmann von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS NRW) und Micha Neumann von ADIRA vor etwa 80 Gästen auf dem Podium. Moderiert wurde die Runde von Markus Günnewig, Leiter der Gedenkstätte Steinwache.

Zunächst schilderten Adrian Ben-Shlomo und Diana Broner eindrücklich, wie sich ihr Alltag und auch das Gemeindeleben in den letzten Wochen verändert haben. Denn der Terrorangriff ist nicht nur ein einschneidendes Ereignis für die jüdische Community, sondern hat auch einen stark angestiegenen Antisemitismus in Deutschland zur Folge, der sich auf das Sicherheitsgefühl vieler Jüdinnen und Juden auswirkt. Insgesamt sei die Lage prekär, auch wenn das Gemeindeleben weitergeht – was in dieser düsteren Zeit vielleicht wichtiger denn je ist. Es seien aber auch viele Sicherheitsmaßnahmen ergriffen worden, um die Gemeindemitglieder so gut es geht zu schützen.

Diese Perspektiven wurden ergänzt durch die Zahlen und Betrachtungen von Jörg Rensmann: So hat RIAS NRW zwischen dem 7. Oktober und Mitte November 218 antisemitische Vorfälle in Nordrhein-Westfalen registriert – dies sind fast so viele wie im gesamten Jahr 2022. Rund 10% der Vorfälle hätten sich in Dortmund ereignet.
Auch Micha Neumann berichtete von einer enorm gestiegenen Nachfrage von Beratung und Bildungsangeboten. Insbesondere Schulen würden sich jetzt häufig bei ADIRA melden, da sich dort oft antisemitische Vorfälle ereignen und Lehrkräfte einen Umgang hiermit finden müssen – dies gelinge unterschiedlich gut.

Gesprochen wurde auch über Solidarität: Zwar gab es Kundgebungen und andere Aktionen, die wichtig sind, jedoch fielen sie von der Personenzahl vergleichsweise gering aus. Noch immer scheint für viele Menschen in Deutschland Antisemitismus kein großes Thema zu sein, während sich gleichzeitig der Hass auf Israel weiter Bahn bricht. Daher wurde auch darüber diskutiert, wie Antisemitismus weiter in unserer Gesellschaft bekämpft werden kann: Aufklärung, Begegnung und Repression waren hier die Stichworte. Ebenso gelte es, bei antisemitischen Vorfällen einzuschreiten und Betroffenen beizustehen.

Abschließend wurden die Podiumsgäste noch gefragt, ob und wie das derzeit häufig zitierte „Nie wieder ist jetzt“ mit Leben gefüllt werden könne. Die Einschätzungen dazu fielen unterschiedlich aus, deutlich wurde aber, dass es mehr Engagement gegen Antisemitismus braucht, sei es in der Gesellschaft, in der Politik, in den Medien oder im Bildungssystem, dabei ist Jeder und Jede gefragt. Ebenso müsse Jüdisches Leben besser geschützt werden, damit es auch sichtbarer werden kann.
Der Diskussion auf dem Podium folgten rege Nachfragen aus dem Publikum. Es war somit ein gelungenes Gespräch, das die Perspektiven und Situation von Jüdinnen und Juden in Dortmund hervorhob und zum Einstehen gegen Antisemitismus im Alltag aufrief. Das Netzwerk zur Bekämpfung von Antisemitismus wird auch in Zukunft daran arbeiten, diese Ziele in Dortmund umzusetzen.

Artikel & Fotos: Netzwerk zur Bekämpfung von Antisemitismus