Paula Polak glänzt bei den Special Olympics
Paula Polak erreichte nicht nur das Tennis-Finale bei den Special Olympics, sondern sie errang auch zwei Goldmedaillen
Viele Mitglieder unserer jüdischen Gemeinde Dortmund sind mit Paula Polak vertraut. Sie wird allgemein als äußerst heiter, zuvorkommend und unterstützend wahrgenommen und kümmert sich mit großer Begeisterung um die Kinder in unserer Brückenkindertagesstätte Hagescher. Doch nicht jeder ist darüber im Bilde, dass Paula ein herausragendes Tennistalent von außergewöhnlichem Kaliber ist.

Paula Polak hat nicht nur das Tennis-Finale bei den Special Olympics erreicht, sondern errang auch zwei Goldmedaillen
Zuallererst möchte ich die beeindruckende Geschichte von Paula teilen, die einerseits ergreifend ist, aber andererseits auch Bewunderung für ihren unermüdlichen Einsatz, ihre harte Arbeit und ihren unerschütterlichen Willen hervorruft, all den Herausforderungen zum Trotz, die sich ihr auf ihrem Weg in den Weg stellten.
Als Paula Polak geboren wurde, erlitt sie eine Sepsis, und ihre Mutter Daniele erinnert sich daran, wie Paula an zahlreichen Schläuchen hing, insbesondere ihre Lungen waren stark betroffen. Es waren für die junge Familie schreckliche, sehr schwere Tage, und es kam sogar der Gedanke auf, die lebenserhaltenden Geräte abzustellen. „Aber die Ärzte haben gesagt, das machen wir nicht“, erinnert sich die Mutter, obwohl niemand wusste, ob und wie Paula überleben würde.
Nach Paulas Genesung bemerkten ihre Eltern jedoch schnell, dass nicht alles so verlief wie bei gesunden Kindern. Ihre Sprachentwicklung verlief schleppend, sie vergaß viele Dinge und hatte Schwierigkeiten, Alltägliches gut zu speichern. „Ich habe schon Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis“, sagt Paula. Dabei klingt sie nicht bedrückt, sondern äußert es ohne jegliches Selbstmitleid. „Es läuft nicht alles ganz rund“, fügt sie fast schelmisch hinzu, mit einem Hauch von Selbsthumor.
Doch schon früh entdeckte sie ihre Liebe zum Sport. Ihre Eltern waren begeisterte Tennisspieler, und als sie gerade sieben Jahre alt war, begann sie, sie täglich zu bedrängen. Sie wollte unbedingt auch einen Schläger haben und Tennis spielen. Natürlich bekam sie ihren Schläger und ihre Eltern fanden wieder den Weg auf den Tennisplatz. Zu dieser Zeit spielte sie auch noch Basketball, aber sie merkte schnell, dass Tennis ihr mehr Freude bereitete und sie wahrscheinlich auch mehr Talent dafür hatte.
Paula begann Trainerstunden zu nehmen und spielt heute dreimal in der Woche. Ihre Gegnerinnen wussten anfangs nicht, dass sie eine Sportlerin mit Handicap ist, aber sie bemerkten schnell etwas Außergewöhnliches an ihr: „Ich jage jedem Ball nach, egal, wo er ist.“ Mit einem Lachen erzählt sie was eine Gegnerin einmal zu ihr sagte: „Paula, du nervst! Wie hast du den Ball denn überhaupt noch bekommen?“
Im Laufe der Jahre hat sich die heute 28-jährige Paula stetig weiterentwickelt. Sie absolvierte ihre Schulzeit an einer Förderschule und erreichte ihren Hauptschulabschluss. Anschließend besuchte sie ein Berufskolleg und schaffte dort ihren Realschulabschluss. In den Fächern Mathematik, Deutsch und Englisch lief es sogar richtig gut für sie. „Die Digitalisierung hilft ihr enorm“, erzählt ihre Mutter Daniele.
Gegenwärtig ist Paula als erzieherische Hilfskraft in der Brückenkindertagesstätte tätig und sie hat vor, dort weiterhin mit den kleinen Kindern zu arbeiten. Es ist ihr großer Wunsch, in diesem Bereich weiterhin aktiv zu sein und den Kleinen eine liebevolle Betreuung und Unterstützung zu bieten.
Paula hat längst die Aufmerksamkeit des Landesverbands Special Olympics auf sich gezogen. Bei der neuesten Versammlung wurde sie zur 2. Vorsitzenden im Jugendvorstand gewählt. In dieser ehrenamtlichen Funktion setzt sie sich mit Leidenschaft für Inklusion ein und organisiert unter anderem Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche. Ihre Hingabe und ihr Einsatz für die Belange dieser jungen Menschen sind bewundernswert.
Es hat riesigen Spaß gemacht, es war definitiv mein größtes Turnier bisher.
Im Jahr 2022 spielte Paula noch im Damenteam von Sölderholz und freute sich über den Aufstieg mit ihrem Team. Heutzutage ist sie Teil des Teams beim TC Rot-Weiß Aplerbeck. „Ich bin einfach eine ganz normale Sportlerin in einem ganz normalen Team“, betont sie. Für sie ist es eine große Sache, dass niemand in ihrem sportlichen Umfeld bemerkt, dass sie eine Sportlerin mit Handicap ist. Im Alltag fällt sie nicht weiter auf, und das empfindet sie als etwas sehr Bedeutendes und Positives.
Die diesjährigen Special Olympics World Games fanden vom 17. bis 25. Juni in Berlin statt und zogen 7.000 junge Sportler:innen mit geistiger Behinderung aus 170 Ländern an. Paula ist begeistert von ihrer Teilnahme und kann ihre Freude darüber kaum verbergen. „Ich bin so unglaublich glücklich, dass ich dabei sein durfte und noch glücklicher darüber, dass ich zwei Goldmedaillen gewonnen habe“, sagt sie mit strahlenden Augen und offener Begeisterung.
Paula Polak war zusammen mit ihrer Tennis-Partnerin Sophia Schmidt nicht nur im Doppel erfolgreich. Sie konnte auch das Einzelfinale für sich entscheiden – und das auf spektakuläre Weise, nachdem sie zunächst mit 0:3 im Rückstand lag. Doch sie kämpfte sich beeindruckend zurück und gewann mit einem klaren Ergebnis von 6:3 und 6:1. Das Finale bestritt sie gegen ihre eigene Doppel-Partnerin Schmidt, was das Ganze zu einem ganz besonderen und emotionalen Moment machte.
Paulas Mutter, Daniele, spricht voller Stolz über ihre Tochter und betont, wie unglaublich hoch der Druck als Favoritin auf dem Spielfeld ist, besonders wenn man allein vor den Zuschauern steht. Im Rückblick auf das Turnier sagt Paula selbst: „Es hat riesigen Spaß gemacht, es war definitiv mein größtes Turnier bisher.“ Ihre Emotionen nach dem Turnier sind von Freude und Zufriedenheit geprägt.
Paula ist begeistert von ihrem neuen Verein, dem TC Rot-Weiß Aplerbeck, und fühlt sich dort richtig wohl. Sie betont, wie glücklich sie ist, ein tolles Team und eine großartige Trainerin, Anastasia Meglinskaya, zu haben. Mit großer Vorfreude richtet sie ihren Blick auf die Landesspiele in Münster, die im Mai 2024 stattfinden werden. Bis dahin hat sie sich ein klares Ziel gesetzt: Sie möchte in ihrem neuen Tennisverein so viele Erfolge wie möglich erreichen und sich weiter verbessern. Paula ist voller Motivation und Entschlossenheit für ihre sportliche Zukunft.
Im Juli erhielt Paula einen Brief von Thomas Westphal, dem Oberbürgermeister der Stadt Dortmund, in dem er sich wie folgt äußerte: „Ich möchte Ihnen meinen Respekt und meine Bewunderung für Ihre Goldmedaillen aussprechen. Sie haben sich mit harter Arbeit, Ausdauer und einer positiven Einstellung zu diesem Erfolg durchgekämpft. Sie haben gezeigt, dass Barrieren überwunden werden können und dass der Sport Menschen verbindet und stärkt. Um Ihre Leistung zu würdigen und der Farbe Gold noch mehr Bedeutung zu geben, lade ich Sie herzlich ein, sich ins Goldene Buch der Stadt Dortmund einzutragen.“
Die Verleihung und Eintragung von Paula Polak in das Goldene Buch der Stadt Dortmund findet am 15. September 2023 statt.
Der Vorstand, die Geschäftsführung und die J.E.W.-Redaktion des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe senden Paula ihre herzlichsten Wünsche und viel Erfolg für all ihre Anstrengungen und das Erreichen ihrer Ziele!
Ramiel Tkachenko, Chefredakteur des Magazins J.E.W.
Foto: Familienarchiv Polak