
Wolfgang Polak – 85!
Das Geschenk der Gemeinde Dortmund zum 85. Geburtstag ihres Vorstandsmitglieds Wolfgang Polak am 21.01.2020 war eine Überraschungsparty.
Es war eine große Freude, ihn umringt von seiner Familie, Freunden, Mitarbeiter*innen und langjährigen Wegbegleiter*innen froh gestimmt und wohlauf zu erleben.
Dass wir in der jüdischen Gemeinde feierten, ist kein Zufall, denn Wolfgang Polak ist in unserer Gemeinde seit jeher fest verankert, ein Urgestein unserer Gemeinde.
Wolfgang Polak wurde am 21.01.1935 in Dortmund geboren – heute ist er der letzte Dortmunder Jude, der die Reichspogromnacht hier live erleben musste, als die Familienwohnung zertrümmert und die Möbel aus den Fenstern geworfen wurden.
Familie Polak musste illegal von Dortmund in die Niederlande fliehen, lebte versteckt 1,5 Jahre im niederländischen Aalten und verbrachte dann 2,5 Jahre im KZ Westerbork, das sie zum Glück überlebte.
Mit ihren Eltern kamen Wolfgang und sein Bruder Joachim s. A. Anfang der 1950er Jahre zurück nach Dortmund, nachdem sie die Schrecken des Krieges und den Naziterror in Holland überlebt haben.
Wolfgang kann stolz und gerührt davon berichten, dass sein Vater zu den Mitbegründern der jüdischen Gemeinde Dortmund nach der Shoah zählt und immer aktiv am Gemeindeleben teilgenommen hat. Konsequenterweise waren seine beiden Söhne schnell in die Gemeinde integriert und Wolfgang wurde alsbald in die Gemeindevertretung gewählt.
Wolfgang und Joachim s. A. konnten sich schnell in Dortmund beruflich etablieren. Über 25 erfolgreiche Jahre waren sie selbständig im Autozubehörhandel tätig. Danach arbeitete Wolfgang 25 Jahre hauptamtlich als Geschäftsführer der jüdischen Gemeinde Dortmund.
In dieser Zeit hat er den strukturellen Wandel von einer kleinen, 300 Mitglieder umfassenden, jüdischen Gemeinschaft zu einer Großgemeinde miterlebt und mitgestaltet.
Denn Anfang der 90er Jahre kamen fast 4.000 Juden aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion nach Dortmund. Bereits im Durchgangslager Unna-Massen wurden sie von Wolfgang und seiner Mitstreiterin, der seligen Edcha Friedman, betreut. Insbesondere bei der Wohnungssuche und allen Behördenangelegenheiten wurden die Neuankömmlinge unterstützt. So schafften es Edcha und Wolfgang mit Engagement und Empathie, dass die Dortmunder Gemeinde für die Zuwanderer schnell zur neuen Heimat wurde.
Es fiel vielen von ihnen zunächst nicht leicht, sich hier zurechtzufinden und sich ihrer jüdischen Wurzeln bewusst zu werden, da sie in einer atheistischen Diktatur sozialisiert worden waren. Dass uns ihre Integration trotzdem vollständig gelungen ist, ist eine großartige Leistung der jüdischen Gemeinde Dortmund und insbesondere ein Verdienst von Wolfgang Polak!
Mit seinem sozialen Engagement, seiner Hilfsbereitschaft und seinem großen Herzen hat Wolfgang vielen Neuzuwanderern bei ihrer Eingliederung maßgeblich geholfen.

Noch heute kommen immer wieder Gemeindemitglieder auf ihn zu, um sich bei ihm für die seinerzeit geleistete Unterstützung zu bedanken.
Es ist daher nur konsequent, dass Wolfgang nach seiner Zeit als Geschäftsführer in den ehrenamtlich tätigen Vorstand gewählt wurde und noch heute Vorstandsmitglied ist.
Er hat auch viele Bauprojekte der jüdischen Gemeinde angestoßen und begleitet: wie z. B. den schönen Saal, in dem wir seine Feier ausgerichtet haben. Auch an der Verwirklichung des jüdischen Kindergartens und an der Erstellung des barrierefreien Zugangs zur Gemeinde war er maßgeblich beteiligt.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass Wolfgang Polak das neueste Projekt, die Gründung einer jüdischen Grundschule, engagiert begleitet. Wir sind optimistisch, dass auch dieses Projekt mit seiner Hilfe vollendet werden wird.
Wer Wolfgang Polak sieht, glaubt ihm die 85 Jahre nicht und jeder denkt, wie hat er sich nur so beneidenswert jung gehalten?
Ist es seine optimistische Lebenseinstellung, sein Humor; sein charismatischer Charme? Oder ist es vielleicht der Sport: Immerhin spielt er noch Tennis und bei den Heimspielen von Borussia Dortmund ist er selbstverständlich immer dabei.


Er war auch jahrelang im Vorstand des BVB Dortmund tätig und hat – wie wir von einem gut eingeweihten Wegbegleiter erfahren konnten – den BVB seinerzeit mit den damaligen Vorstandskollegen vor dem Ruin gerettet.
Für die jüdische Gemeinschaft in Dortmund ist Wolfgang Polak „a Mensch“, eine hilfsbereite, warmherzige Person, die sich für andere einsetzt, denen es nicht so gut geht und die Hilfe brauchen. So war es ihm ein großes Anliegen, anstelle von Geburtstagsgeschenken Spenden für den Verein AMCHA Deutschland e. V. zu sammeln, um bedürftigen Holocaustüberlebenden zu helfen.
Der jüdischen Gemeinde hingegen war es ein Bedürfnis, seine Verdienste für die jüdische Gemeinschaft in Dortmund durch eine besondere Geste zu würdigen.
Unser Gemeinderabbiner Baruch Babaev hat dazu die Begründung gegeben, die passender nicht sein kann:
In Prediger 7,1 können wir lesen: „Besser guter Name als gutes Öl“. In der Tat jeder Mensch mit einem guten Namen, so folgern unsere Weisen, hat mehr von seinem guten Namen als von gutem Öl (Parfüm). Denn von gutem Öl hat man nur begrenzt (nur in der Nähe des Öls) Genuss, der gute Name aber eilt einem länderübergreifend voraus.

Wir haben beschlossen, den großen Saal und die Festtagssynagoge unserer Gemeinde nach Wolfgang Polak zu benennen und somit auch uns im Ruhm von ihm zu sonnen. Wobei Wolfgang Polak auch nach 85 Jahren weiterhin Wolfgang Seev Ben Eliezer Polak von allen genannt wird, weil er es sich lebenslang zur Aufgabe gemacht hat, anderen zu helfen. Besonders in den Jahren als viele unserer Brüder und Schwestern aus der ehem. UDSSR nach Dortmund kamen, war es ihm eine Herzensangelegenheit, neben all seinen anderen Verpflichtungen, die Kranken zu besuchen und für Bedürftige zu sorgen.
Der Name Wolfgang Polak ist Dank Wolfgang Polak, genauso geblieben, wie es sich vor 85 Jahren seine seligen Eltern Ruth und Eliezer erhofft hatten. Er hat diese Erwartungen sogar übertroffen. Deshalb nennen wir diesen Saal mit seinem Namen, Wolfgang Polak Saal, damit wir von ihm und seinen Tugenden lernen.
Barbara Samuel