„Werden Sie laut!“
Gedenkveranstaltung in Dorstfeld
Am 7. November 2024 versammelten sich rund 250 Menschen in Dortmund-Dorstfeld, um an den 86. Jahrestag der Pogromnacht vom 9. November 1938 zu erinnern. Unter dem Motto „Gemeinsam gegen das Vergessen“ fand die traditionelle von den „Quartiersdemokraten“ organisierte Gedenkveranstaltung am jüdischen Mahnmal statt.
Die Gedenkfeier in Dorstfeld begann mit einer Ausstellung auf dem Wilhelmplatz, wo verschiedene Organisationen wie Mahn- und Gedenkstätte Steinwache, Jugendring Dortmund, ADIRA, RIAS und andere ihre Projekte zur Erinnerung an die NS-Zeit, zur Aufklärung über Antisemitismus und zur Förderung von Demokratie vorstellten.

Die Pogromnacht vom 8. auf den 9. November 1938 markiert den Beginn der systematischen Verfolgung der Juden in Deutschland und ihre Erinnerung bleibt, besonders angesichts der jüngsten antisemitischen Vorfälle, wie dem Terroranschlag auf Israel im Oktober 2023 und die Reaktionen danach, von großer Bedeutung. Daher widmeten sich beim offiziellen Teil der Gedenkveranstaltung alle Redner der Notwendigkeit, aktiv gegen den anhaltenden Antisemitismus, der nach wie vor in der Gesellschaft präsent ist, vorzugehen. Bürgermeister Norbert Schilff verwies auf die erschreckend hohe Zahl antisemitischer Vorfälle in Deutschland insbesondere nach dem Terroranschlag in Israel.
Astrid Cramer, Bezirksbürgermeisterin Innenstadt-West, wies darauf hin, dass antisemitische Kampagnen, beginnend mit der ersten Verfolgung vor 2000 Jahren, bis heute fortbestehen und oft durch falsche Informationen wie Mythen und Fake News verbreitet werden. Sie betonte, dass es die Verantwortung der heutigen und zukünftigen Generation ist, diese Geschichte immer wieder aufzuarbeiten, um eine Wiederholung von Hass und Schuldzuweisungen gegen das jüdische Volk zu verhindern, besonders im Kontext der aktuellen Konflikte im Nahen Osten.
Auch Adrian Ben Shlomo betonte in seiner bewegenden Rede die anhaltende Präsenz des Antisemitismus, der trotz vieler Gedenkveranstaltungen und Mahnmale weiterhin in der Gesellschaft existiert. Er sprach vom Terrorangriff vom 7. Oktober 2023, der zum großen Entsetzen zu einem weltweiten Anstieg antisemitischer Anfeindungen führte, und beschrieb seine eigene Entfremdung und Besorgnis über das wachsende Gefühl der Unsicherheit unter Jüdinnen und Juden in Deutschland. Er schloss seine Rede mit einem Aufruf, die Erinnerung lebendig zu halten und aktiv gegen Hass vorzugehen: „Werden Sie aktiv, werden Sie wütend und kämpferisch, werden Sie laut!“
Die vollständige Rede von Adrian Ben Shlomo, Mitglied der Jüdischen Gemeinde Dortmund
Rabbiner Avigdor Moshe Nosikov verglich die schwierige Aufgabe, nach einer Katastrophe eine neue Generation zu schaffen, mit der biblischen Geschichte von Noah, der nach der Flut das Leben wiederaufbaute. Er zog eine Parallele zwischen den historischen und aktuellen Herausforderungen des jüdischen Volkes, insbesondere dem Holocaust und dem Terroranschlag vom 7. Oktober 2023 und betonte die Notwendigkeit, die Hoffnung und das Leben zu bewahren, und forderte die Gemeinschaft auf, wie Noah zu handeln und eine bessere Zukunft zu schaffen.
Die vollständige Rede von Avigdor Moshe Nosikov, Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Dortmund
Ein besonderes Highlight war die Mitwirkung der Schüler aus mehreren Dortmunder Schulen, darunter die Martin-Luther-King-Gesamtschule und das Leibniz-Gymnasium. Sie trugen Gedichte, Lieder und andere Beiträge vor, die sowohl an die Vergangenheit erinnerten als auch dazu aufriefen, den Kampf gegen Antisemitismus weiterzuführen.
Bei dieser Gedenkveranstaltung wurde besonders der Appell betont, dass Erinnern nicht nur ein Akt der Trauer, sondern eine Verantwortung für die Zukunft ist.
Hana Kopelewitsch
Foto: Katja Reichman i.A. v. Rabbinat Dortmund